Ich hob meinen
Kopf und schaute durch das dicht über dem Fußboden befindliche Fenster. Ein
tolles Morgenrot lag über der Stadt Chalon-sur-Saone.
Ich stand auf und
packte schnell meine sieben Sachen in den Rucksack. Mir fiel ein, dass ich gestern
Abend noch das Etikett meiner Weinflasche ablösen wollte, was ich auch noch
schnell erledigte. Danach verließ ich meine Unterkunft, in
der ich die regnerische Nacht so gut verbracht hatte.
Zwangsläufig
musste ich am Häuschen des Herr Duniault vorbei. Hier waren die Schlagläden
bereits geöffnet und in der Küche brannte Licht. Herr Duniault hatte mir
angeboten, morgens noch einen Kaffee bei ihm zu trinken. Da ich nicht ohne
Verabschiedung gehen wollte, klingelte ich an.
Herr Duniault brühte mir eine große Tasse schwarzen Kaffee auf.
Als besonderen Service drückte mir Herr Duniault noch den Kirchenstempel in meinen Pilgerausweis. Er warf sein Notebook an und zeigte mir die Wetteraussichten für den heutigen Tag. Es sollte sehr schön werden und mindestens bis Samstag nicht mehr regnen. Um 08:00 h verabschiedete ich mich dann endgültig von meinem Wohltäter und machte mich auf den Weg.
Am Ortsausgang von Moroges gab es das
einzige kleine Geschäft des Ortes in Form einer Bäckerei. Hier besorgte ich mir
zwei Croissants, die ich beim Weitergehen aß.
Ab Moroges konnte ich der guten
Beschilderung des Wanderweges GR76 bis nach Cluny folgen. Ein Hinweisschild wies eine Reststrecke
von 40 Km bis dorthin aus. Das sollte an zwei
Tagen zu locker schaffen sein.
Wie das Internet es versprochen hatte,
lösten sich die Reste der nächtlichen Regenwolken auf. Die Sonne kam hervor und
es wurde schnell deutlich wärmer.
Mein Weg führte auf ein riesiges
Hochplateau, auf dem ich mehrere Stunden vor mich hin wanderte. Zu meiner Linken tolle Ausblicke auf die Saone - Ebene, die aber wie immer leicht
im Dunst lag.
Die ersten 12 Kilometer verschwanden heute
förmlich unter meinen Füßen und zügig erreichte ich Montagny-les-Buxy.
Schon
bald hinter dem Ort gelangte ich an eine sehr idyllische Weggabelung.
Ich legte eine kurze Rast ein und genoss den schönen Ort. Obwohl es in der Wegbeschreibung erwähnt war, hätte ich hier beinahe ein besonderes Detail übersehen.
An dem Steinkreuz hatte der Bildhauer eine
große Weinbergschnecke heraus gearbeitet, die in statischer Langsamkeit am
Kreuz empor kriecht.Ich legte eine kurze Rast ein und genoss den schönen Ort. Obwohl es in der Wegbeschreibung erwähnt war, hätte ich hier beinahe ein besonderes Detail übersehen.
Nachdem ich die Schönheit dieses Ortes ein paar Minuten lang in mich aufgesogen hatte, setzte ich meinen Weg fort.Bereits nach einigen hundert Metern sollte es noch schöner kommen.
Ich erreichte eine kleine, gepflegte
Wiesenanlage, an deren Ende eine stattliche Mariensäule aufgestellt war. Die Marienfigur blickte hinab in die Saone
– Ebene.
Unterhalb der Säule gab es ein kleines
Plateau, ab dort ging es dann fast senkrecht ca. 100 m hinab bis auf das Niveau
der Ebene.Da ich sehr, sehr gut in der Zeit lag, entschloss ich mich spontan hier nochmals eine längere Pause einzulegen.
Dieser Platz strahlte irgendetwas Magisches aus.
Bereits um 14:00 h erreichte ich den
Ortseingang von St. Gengoux-le-National mit den Überbleibseln seiner ehemaligen
Stadtbefestigung.
Da ich mit Herrn Lacroix vereinbart hatte,
dass ich erst um 16:00 h vor Ort sein würde, hatte ich jede Menge Zeit, die ich
zu einem ausgiebigen Stadtrundgang nutzte.
Ich musste feststellen, dass es in dem
Örtchen wunderschöne Gassen und Ecken gab, in denen die Zeit wirklich stehen
geblieben war.
Es gab dort aber auch eine gut 100m lange
Straße, die „Grand Rue“, die mit ihrem Baumreihen und den kleinen Geschäften
und Gaststätten links und rechts einen echt südländischen Flair versprühte.
Ich setzte mich auf die Terrasse eines
Restaurants und bestellte ein Bier vom Fass. Kaum dass es auf dem Tisch stand,
kamen auch schon Moni und Thomas um die Ecke und gesellten sich zu mir. Natürlich tauschten wir sofort die
Erlebnisse der vergangenen Tage aus.
Dann war es auch schon 16:00 h und ich suchte
Herrn Lacroix auf. Ich traf ich ihn nicht
selbst an sondern seine Ehefrau. Die war
natürlich über mein Kommen informiert. S ie führte mich durch die engen Gassen von
St. Gengoux und blieb letztendlich vor einer Haustüre stehen, die mit einer
Jakobsmuschel gekennzeichnet war.
Die Tür gehörte zu einem alten Haus. Eine
steile Treppe führte hinauf in den zweiten Stock. Hier lag
mein Zimmer mit seiner antiquarischen Einrichtung.Nach einer kurzen Dusche wechselte ich meine Kleidung. Danach ging ich wieder in den Ort, wo ich erneut auf Moni und Thomas traf. Gemeinsam erkundeten wir die Stadt und machten einige Besorgungen.
Langsam wurde es Abend und wir beschlossen,
gemeinsam etwas Essen zu gehen.
Wir fanden die kleine Pizzeria „Pili
Pili“, die von einem jungen Franzosen im Alleingang bewirtschaftet wurde.
Nach dem Essen machten wir noch einen
gemeinsamen Stadtrundgang bei Dunkelheit. Danach verabschiedeten wir uns. Wir
wünschten uns gegenseitig einen guten Weg. Der Abschied von den Beiden
lebensfrohen und liebenswerten Menschen fiel mir ein wenig schwer.
Ich hoffe, dass ich sie irgendwann mal
irgendwo wiedersehe.
Wieder wurde es bei Dunkelheit ziemlich
schnell kühl und ich suchte meine Unterkunft auf, die mir der unvergleichliche
Herr Duniault bereits am Vortag verschafft hatte.
In meinem Zimmer öffnete ich das Fenster,
um frische Luft hinein zu lassen.
Welch ein toller Ausblick. Die seltsame
Kirche mit ihrem doppelten Turm lag zum Greifen nah direkt gegenüber und über
Dächer hinweg konnte ich in den beleuchteten Stadtkern sehen. Ich öffnete eine Flasche Wein, machte mir ein paar Notizen zum Tag und studierte die Wegbeschreibung für den morgigen Tag.
Demnach sollte es wieder bergauf und bergab gehen. Auf einem schmalen Pfad sollte mich der Weg durch einen dicht bewachsenen Wald führen.
Was mich jedoch am meisten störte, war die Tatsache, dass man einen Bauernhof passieren musste, auf dem der Hofhund seinen Job sehr gründlich machen soll. Als Alternative wurde angeführt, mehrere hundert Meter zurück zu laufen, um den Hof auf einer Landsstraße zu umgehen.
Eigentlich wollte ich am morgigen Tag die
Nachmittagsstunden dazu nutzen, Cluny ein wenig näher anzusehen. Ich spielte auch immer noch mit dem
Gedanken, eine Stippvisite in Taizé einzulegen.
Ich erinnerte mich daher an die Idee von
Thomas, über einen Radweg, den „Voie verte“, nach Cluny zu gehen. Dieser führte
direkt an Taizé vorbei, war eben, und an meinem letzten Tag wäre hierdurch die
Gefahr des Verlaufens nicht gegeben. Ich würde gut voran kommen und genug Zeit
in Cluny verbringen können.
In meinem Zimmer und der dazugehörenden
Gemeinschaftsküche suchte ich nach entsprechenden Unterlagen. Ich fand einen
Stadtplan von St. Gengoux, auf dem ich sehen konnte, wie man den „Voie verte“
erreicht.
Der Rest würde sich dann schon finden.
Mein Entschluss stand damit fest und ich fiel in einen tiefen, erholsamen
Schlaf.
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