Donnerstag, 9. Juni 2011

Tag 19 am 09.06.2011 von Dieulouard nach Liverdun (per Bahn nach Toul)

Mein Zimmer in Dieulouard war sehr sehr laut, ich fand kaum Schlaf. Über die Durchgangsstraße donnerte des Nachts so mancher Lkw und immer wieder drehte jemand auf einem extrem lauten Moped seine Runden. Ich bin um kurz nach 07:00h aufgestanden, habe meinen Rucksack gepackt und mich zum Frühstück begeben.


Mein Blick fiel aber zuvor aus dem Fenster. Die morgendliche Sonne beleuchtete das Stadtpanorama vielversprechend. Es versprach, ein schöner Tag zu werden. Im Frühstücksraum traf ich gerade noch auf Angelika und Peter, die bereits aufbrachen. Auf ihrer Herbergsquittung hatten sie (für den Fall, dass wir uns nicht mehr begegnen würden) einen lieben Gruß hinterlassen.


Schnell führte der Weg aus Dieulouard hinaus. Erneut ging es einsam durch die Natur und Felder nach Saint Georges und Seizerais. Hier in Seizerais wich ich, nach etwa zwei Gehstunden, vom beschriebenen Weg ab. Ich hatte mich entschlossen bis nach Liverdun zu Laufen. Dort gab es eine Eisenbahnstation. Ich wollte durch die Bahnfahrt von dort etwa drei bis vier Stunden Gehzeit einsparen, um noch ein wenig Zeit für die Stadtbesichtigung Touls zu haben.


Von Seizerais aus lief ich gut 1,5 Stunden bis Liverdun. Nach Passage der Randbesiedlung gelangte ich in die hochgelegene Altstadt von Liverdun, von wo sich ein schöner Blick hinab auf die Mosel bot. Durch eine Altstadtgasse und über eine moderne Treppe ging es dann hinab in den tiefer gelegenen Stadtteil.


 Am Bahnhof von Liverdun rollte ich symbolisch meinen Hut zusammen und verstaute ihn im Rucksack. Hier sollte mein einwöchiger Pilgerweg beendet sein, von nun an war ich also als Rucksacktourist unterwegs. Im Jahr 2012 werde ich wohl meinen Pilgerweg  wieder am Bahnhof Liverdun aufnehmen. Leider musste ich am Bahnhof nahezu zwei Stunden auf einen Zug nach Toul warten. Mir kam eine kleine Rechnung in den Sinn. Stark 1,5 Stunden für den Weg nach Liverdun, 2 Stunden Wartezeit am Bahnhof. Bei durchschnittlich 4 km/h Gehgeschwindigkeit entspräche dies einer Strecke von 14 Kilometern. Etwa zwei Stunden Gehzeit mehr, und ich wäre auch zu Fuß in Toul angekommen.


Mit dem Zug in Toul angekommen, besorgte ich mir am Fahrkartenschalter erst einmal die erforderlichen Rückfahrkarten nach Saarbrücken. Da dort Englisch gesprochen wurde, gestaltete sich der Fahrkartenkauf unerwartet problemlos. Danach suchte ich mir ein Zimmer und fand es im "Hotel Central", direkt am Hauptplatz der Stadt gelegen. Es handelt sich hierbei um einen kreisrunden Platz mit Brunnenanlage, der von zwei Straßenzügen rechtwinklig gekreuzt wird. Zwischen den Straßeneinmündungen liegen vier baugleiche große Häuser, die sich bogenförmig um den Platz schmiegen. 


Nach einer kurzen Dusche ging ich in die Stadt. Zunächst zur Kathedrale, die mitten in einem Wohngebiet liegt. Einen schön gestalteten Platz an der Kathedrale suchte ich vergebens. Hier bestätigte sich auch meine kleine Rechnung vom Bahnhof Liverdun. Kaum war ich ander Kathedrale angekommen, liefen mir Peter und Angelika über den Weg. Sie waren die Strecke von Dieulouard bis Toul gelaufen und berichteten mir von der Schönheit am Weg entlang der Mosel. Insgeheim habe ich mich ein wenig über mich selber geärgert. Um so mehr, weil es in Toul nicht sonderlich viel zu sehen gab. Die Stadt ist lange nicht so schön wie Metz und meine Erwartungshaltung von Toul wurde ganz schön enttäuscht.


In den Nachmittagsstunden kühlte es dann mächtig ab. Letztendlich setzte ein feiner Nieselregen ein. Ich besorgte mir ein Fläschen Rotwein, ein dünnes Baguette und ein Stück Käse und zog mich auf mein Zimmer zurück. Auf der breiten Fensterbank bereitete ich mir eine Zwischenmahlzeit und schaute während des Regenschauers auf den Stadtplatz hinunter. Hierbei ließ ich die letzte Woche meiner Wanderung noch einmal Revue passieren. 


Nach knapp zwei Stunden hatte sich das Wetter beruhigt. Ich zog mir eine Fleecejacke über und begab mich erneut in die Stadt. Der Stadtkern von Toul ist von einer Festungsmauer aus dem Jahr 18?? umgeben. Nur vier Stadtore führen in die Altstadt hinein. Von außerhalb der Stadtmauer kann man die Kathedrale auch in ihrer ganzen Größe sehen. Wie schon zuvor gesagt, steht sie mitten in einer Wohnbebauung, so dass aus der Nähe kaum ein kompletter Blick auf die Gesamtheit des Bauwerks möglich ist.


Die Abendstunden verbrachte ich im Straßencafé des "Hotel Central" und schaute dem Treiben im Kreisverkehr zu. Abermals liefen mir Peter und Angelika übr den Weg. Sie setzten sich für eine Stunde zu mir und wir hatten ein letztes schönes und unterhaltsames Gespräch. Gegen 22:00h wurde es unangenehm kühl. Ich ging auf mein Zimmer und fiel bald darauf in einen tiefen, festen Schlaf.

Im Grunde war heute der faulste Tag meiner Pilgerwoche. Nahezu zwei Stunden saß ich in der Sonne am Bahnsteig von Liverdun. Eine ähnliche Zeit verbrachte ich während des Regenschauers auf meinem Zimmer. Rückblickend hätte ich diese Zeit lieber genutzt, mir Toul zu erwandern.
Andererseits hatte ich während der ungewollten Wartezeiten die Ruhe, mir nochmals die schönsten Wegpassagen und Erlebnisse in Erinnerung zu rufen.