Donnerstag, 14. Juni 2012

Tag 28 am 14.06.2012 von Grancey-le-Château nach Is-sur-Tille

Nach einer tief durchschlafenen Nacht wachte ich ohne Wecker wie gewohnt gegen 06:00 h auf.
Mein Blick fiel aus dem Fenster. Die Altstadt von Grancey-le-Château lag im Sonnenlicht.


Es versprach ein sehr schöner Tag zu werden. Ich musste mich noch gedulden, ein Frühstück war erst gegen 07:30 h vorgesehen. Also verbrachte ich die Zeit damit, meinen Rucksack in aller Ruhe zu packen.

Das Warten auf’s Frühstück hat sich gelohnt. Es gab verschiedene geräucherte Schinken und Würste, Käse, ein gekochtes Ei, Kaffee, O-Saft, Früchte, Yoghurt sowie diverse selbstgemachte Marmeladen, halt Alles, was zu einem guten Frühstück dazugehört. Zum Abschluss durfte ich mir noch ein Lunchpaket zusammenstellen. Alles in Allem war die Unterkunft mit den sehr freundlichen Eheleuten Sparnaay doch ihr Geld wert.

Beim Frühstück lernte ich ein Pilgerehepaar aus Trier kennen, die in den nächsten zwei Wochen bis nach Taizé gehen wollten. Leider sollten sich unsere Wege direkt wieder trennen, da sie eine andere Route laufen wollten.

Gegen 08:20 h und gut gestärkt ging es dann los.

Zunächst entlang des Schlossparks bis zur Kirche Saint-Germain. Hier soll der später mächtige Kirchenfürst Bernhard von Clairvaux seine Berufung zum Mönchsleben erhalten haben.


Das Wetter entwickelte sich wunderbar, auch wenn es noch ein wenig kühl war. Aus dem Tal löste sich langsam der Morgennebel und stieg auf. Auf dem Weg entlang des Schlossparks ergab sich ein schöner Blick auf einen Berghang im Morgennebel.


Nach der Kirche verlief der Weg immer entlang der Mauer des Schlossparks, die sich für gefühlte Kilometer durch den dichten Wald fortsetzte. Zu heutigen Zeiten eine derartige gut zwei Meter hohe Bruchsteinmauer zu errichten, würde ein wahres Vermögen kosten.
Irgendwann setzte sich die Mauer dann im rechten Winkel nach rechts fort. Hier musste ich meine bisherige Wegkennzeichnung GR 7 verlassen. Entlang des Waldsaums ging es zwischen Bäumen und Feldern abwärts zum großen Bauernhof „Le Pavillon“ im Tal der Tille.

Ab dort musste ich dann für etwa vier Kilometer entlang der Landstraße D 959 folgen. Die Straße war zum Glück nur schwach befahren. Der Asphalt der Straße hatte sich in der Morgensonne schon gut aufgeheizt.

Bereits gegen 10:00 h entschloss ich mich, die Hosenbeine meiner Wanderhose abzutrennen, um in Shorts weiter zu gehen. Im kleinen Weiler Les Forges überquerte ich dann, zwischen Kuhweiden, erstmals den Fluss „Tille“.


Hinter Les Forges bereute ich kurz meinen Entschluss, die Hosenbeine bereits abgetrennt zu haben.
Nicht, dass es doch zu kühl war. Nein, der Weg setzte sich auf einem sogenannten Forstweg entlang der Tille fort, der sich tatsächlich für die ersten beiden Kilometer als Trampelpfad durch Brennnesseln und anderem dornigen Gesträuch entpuppte. Erst im weiteren Verlauf entwickelte er sich zu einem befahrbaren Weg.

Schon bald erreichte ich den verschlafenen Ort Marey-sur-Tille. An einer alten Steinbrücke, über die Tille, legte ich eine kurze Rast ein. An einem Haus klingelte ich an, um mir die Trinkflasche mit Wasser auffüllen zu lassen. Der Wunsch wurde mir erfüllt.


Aber da es ja schon später Vormittag war, wurde mir zeitgleich ein schönes, kühles Bier zur Erfrischung von der Dame des Hauses angeboten, welches ich natürlich nicht ablehnte. Bezahlen musste ich das Bier nicht, dafür wurde mir ein freundliches „Bon Route“ für meinen weiteren Weg gewünscht.

Hinter Marey-sur-Tille setzte sich der Weg auf der anderen Seite der Tille fort. Hier machte er seinen Namen als Forstweg alle Ehre, denn er war sehr gut ausgebaut. Auf dem Weg nach Grécey-sur-Tille verschwanden die Kilometer förmlich unter meinen Füßen.

Meine Laune stieg erheblich. Die Sonne strahlte. Laut Thermometer in Marey-sur-Tille waren es am späten Vormittag bereits 27 C. Die Zeiten der kniehoch matschverschmierten Hosen der beiden voran gegangenen Tage schienen vorbei. Auch das Schwitzen im Regenanzug schien der Vergangenheit anzugehören, obwohl ich heute bereits in Hemd und Shorts ins Schwitzen kam. Jeder Schritt saß, ohne nachkorrigiert werden zu müssen.

Ich kam endlich in einen Laufrhythmus – Schritt, Schritt, Schritt, Atmen…. herrlich!

Hinter Grécey-sur-Tille ging es wieder ein Stück entlang der Landstraße, die diesmal stark befahren war. Da ich die Wegbeschreibung falsch gedeutet hatte, musste ich wieder auf mein Kartenmaterial zurückgreifen und mir den Weg zum Bauernhof „Ferme du Fossé“ suchen.

Die Suche dauerte nicht lange und schnell konnte ich die beschriebene Route wieder aufnehmen.

Der Weg setzte sich im Anschluss durch Felder entlang eines kleinen Gewerbegebietes und einer Bahnstrecke fort. Er führte zu dem Bauernhof „La Grange“ mit seinem verfallenen Taubenturm, der als bemerkenswerte Wegmarke im Wanderführer erwähnt war.

Im weiteren Verlauf passierte ich den Fluss „Ignon“ an einer alten, gut erhaltenen, mächtigen Mühle.
Hier rauschte das Wasser über verschiedene Wehre und Sperranlagen.
Ein sehr geeigneter Ort für eine Pause. Dort konnte ich die Seele eine Zeit lang baumeln lassen. Es fiel mir schwer, mich von dort zu trennen, um den Weg fortzusetzen.


Bald nach der Mühle erreichte ich die Ortsgrenze von Marcilly-sur-Tille. Von dort aus geht es über eine kilometerlange innerörtliche Straße bis nach Is-sur-Tille. Hier gab es einen Campingplatz, den ich nach einiger Suche fand und den ich bei dem schönen Wetter und nach der nicht gerade preiswerten Vornacht nutzen wollte.
Der Campingplatz war jedoch ziemlich ungepflegt und dessen Sanitäreinrichtungen heruntergekommen und verdreckt. Die Platzwartin selbst wohnte in einem Messi-Wohnwagen. Eine Rechnung oder Quittung für die Gebühren von immerhin 8 Euro gab es nicht, ebenso keinen Stempel des Platzes.
Dafür schienen sich aber „Reisende ethnische Minderheiten“ mit ihren Luxuswohnmobilen auf dem Platz sehr wohl zu fühlen. Für mich war schnell klar, dass ich keinen Fuß in die Toilette oder den Waschraum setzen würde.

Direkt nach dem Zeltaufbau ging ich in die Innenstadt von Is-sur-Tille.
Auf dem Weg dorthin folgte ich einer kleinen Straße, die parallel zu einem Bach verlief.
Die Zuwege zu den anliegenden Häusern erfolgten jeweils über kleine Stege, die über den Bach führten. Das alles sah sehr idyllisch aus.


Den Stempel für meinen Pilgerausweis holte ich mir im Info-Zentrum der Stadt ab. Hier erkundigte sich eine freundliche Angestellte nach meinem weiteren Weg und drückte mir netterweise sofort Stadtpläne von Dijon und Beaune in die Hand.

Is-sur Tille ist eine überraschend quirlige Kleinstadt, in der es sogar eine kleine Einkaufsstraße gibt.
Ich machte zunächst einen ausgiebigen Stadtrundgang, bei dem ich einige lauschige Plätze fand.
In einem Supermarkt füllte ich meine Vorräte auf.


Im Anschluss nahm ich in einem gepflegten Döner-Restaurant mein Abendessen zu mir, welches überraschend preiswert, schmackhaft und umfangreich ausfiel. Danach suchte ich mir ein schönes kleines Bistro, um mir dort in aller Ruhe zwei Bier vom Fass zu trinken.


Leider lag der Außenbereich der Gaststätte schon sehr bald im Schatten, so dass es merklich kühl wurde. Ich bezahlte meine Zeche und ging zurück zu der alten Steinbrücke am Ignon.
Die Steine des Brückengeländers waren von der Sonneneinstrahlung des Tages aufgeheizt und warm.
Die Sonne schien bis in die späten Abendstunden auf die Brücke.

 
 
Ich hatte keine besondere Lust, mich länger als unbedingt notwendig auf den Campingplatz aufzuhalten. Deshalb verbrachte ich hier den Rest meines Abends und schaute den Fischen, den Enten und einem Fliegenfischer bei ihrem Treiben zu.