Freitag, 21. September 2012

Reisetag am 21.09.2012 von Cluny über Mâcon nach Solingen

Auf dem Handy hatte ich mir am Abend die Weckzeit 07:30 h eingestellt. Aber wie immer, war ich schon vor dem Alarm wach. Erst einmal gönnte ich mir eine heiße Dusche, um wieder auf Betriebstemperatur zu kommen.

Danach baute ich das Zelt ab und packte meine sieben Sachen, inklusive der geöffneten Flasche Wein, in meinen Rucksack.

Anschließend verließ ich den Zeltplatz in Richtung Stadt.
Das Thermometer im Zufahrtbereich des Zeltplatzes stand auf  3o Celsius.

Auch mein für dieses Jahr letzter Tag in Frankreich schien sonnig zu werden.


Am Stadteingang überquerte ich abermals die Brücke über die „La Grosne“, einem kleinen Fluss ohne erkennbare Fließgeschwindigkeit.


In der Stadt suchte ich als erstes ein Sportcafé (mit Wettbüro) auf, welches schon am frühen Morgen geöffnet hatte. Hier versammelten sich bereits Arbeiter, Angestellte und Studenten auf einen kleinen „Café noir“, ohne den in Frankreich nichts zu funktionieren scheint. Ich gönnte mir dort zwei „Grand Café noir“ und zwei Croissants, um ein wenig Brennstoff im Körper zu haben.
In dem warmen Café suchte ich die Unterteile meiner Wanderhose aus dem Rucksackfach und „zippte“ sie mit dem Reißverschluss an die Shorts. Jetzt war ich auch gegen Bodenkälte gewappnet.

Da ich bis zu meiner Abfahrt des Busses in Richtung Mâcon noch weit über eine Stunde Zeit hatte, lief ich ein letztes Mal durch die Stadt, auf der Suche nach einem fotogenen Plätzchen. Abermals liefen mir „die Kölner“ über den Weg. Auch sie waren gerade aufgebrochen, um ihren Weg in Richtung Tramayes fortzusetzen.

 
Danach ging ich in Richtung Bushaltestelle. Die Sonne stand mittlerweile merklich höher. Ich setzte mich auf die Treppe eines verschlossenen Zugangs zum Klostergarten und genoss die wärmenden Sonnenstrahlen.


Hierbei erfuhr ich ganz nebenbei, wie umweltfreundlich die Stadtreinigung von Cluny funktioniert.

 
Da waren sie wieder, die jungen Menschen mit ihren seltsamen Kitteln.


In einem englisch geführten Gespräch erfuhr ich, dass es sich um Studenten einer Ingenieursschule handelt, die insgesamt für vier Jahre, also acht Semester, hier studieren. Über die gesamte Studienzeit wird von ihnen, zum Zeichen der Verbundenheit, in der Öffentlichkeit der Kittel getragen. Die farbigen Stoffverlängerungen am unteren Rand der Kittel verraten den Insidern etwas über die bereits zurückgelegte Studiendauer und die damit erworbenen Privilegien.
Die im Schulterbereich aufgebrachten phantasievollen Namen werden zu Studienbeginn vergeben und während der gesamten Studienzeit von den Studenten beibehalten.

An der Bushaltestelle kam noch ein älteres niederländisches Pärchen vorbei. Ich bat sie, ein Foto von mir, der Bushaltestelle und meinem Rucksack zu machen.
Die Unterhaltung wurde schnell in Deutsch, von der Gegenseite mit deutlichem niederländischem Akzent geführt. Das Pärchen bestand aber darauf, sich mit mir in „Europäisch“ zu unterhalten ;o). „Europäisch“ = „Deutsch“, und das von Niederländern, ich konnte mir ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.

Bald darauf fuhr schon der Bus und brachte mich nach Mâcon.

Während der halbstündigen Busfahrt kam ich mit einer Lehrerin aus Marburg ins Gespräch, die zuvor eine Woche in Taizé verbracht hatte. Eine ziemlich „vergeistigte“ Type Mensch. Sie fand die Idee einen Jakobsweg zu gehen faszinierend.  Pro Tag aber über 20 Kilometer zu laufen und hierbei einen Rucksack zu tragen, dass ging wohl ja gar nicht……  .

Gegen kurz nach 11:00 h kam ich in Mâcon an.
 
 
Mein erster Weg ging zum Fahrkartenschalter. Hier erwarb ich bei einem gewohnt freundlichen Mitarbeiter der SNCF eine Fahrkarte für den 14:07 h Zug nach Beaune.
An dieser Stelle mal ein dickes Lob für die Freundlichkeit und Bemühtheit der Mitarbeiter und die Zuverlässigkeit der französischen Staatsbahn. Bei denen könnte sich die Deutsche Bundesbahn AG eine dicke Scheibe abschneiden, auch in der Preisgestaltung.

Ich hatte also knapp drei Stunden Zeit, um die schöne Stadt Mâcon ein wenig zu erkunden. Es hat sich gelohnt.

 
 
 
Auf einem malerischen Stadtplatz, in der Nähe eines schönen, alten Fachwerkhauses (mit tollen Schnitzereien) gönnte ich mir ein Mittagessen, denn der weitere Weg nach Hause würde ja noch Stunden dauern.


Nach dem Essen schlenderte ich auf einer Einkaufsstraße langsam wieder zurück in Richtung Bahnhof.

Diese führte mich zu einem größeren Platz, der von einer schönen, aus hellen Steinen errichteten Kirche dominiert wurde.

 
Den Stempel für meinen Ausweis erhielt ich im Rathaus, das direkt gegenüber der Kirche auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes lag.

Wieder am Bahnhof angekommen hatte ich noch etwa 20 Minuten Zeit. Ich orientierte mich an den Fahrplänen und setzte mich auf eine Bank des Bahnsteiges, um die hier letzten Sonnenstrahlen auszukosten. Gewohnt pünktlich lief mein Zug in den Bahnhof ein und brachte mich auf direktem Wege zurück nach Beaune.

 
Um 15:00 h kam ich in Beaune an und ging zu meinem Wagen, der unversehrt auf dem Parkplatz stand.  Am Ortsausgang von Beaune tanke ich mein Fahrzeug für die Rückfahrt randvoll. In einem nahe gelegenen Supermarkt kaufte ich noch Getränke und ein wenig Obst als Wegzehrung. Danach fuhr ich auf die Autobahn auf.

Direkt nach passieren der Mautstelle, teilte sich die Autobahn. Zwei Fahrstreifen in Richtung Lyon / Marseille und zwei Fahrstreifen Richtung in Paris / Auxerre. Da mein Navigationsgerät nicht mit mir sprach, entschied ich mich rein gefühlsmäßig für die Richtung Paris / Auxerre. Prompt 1,5 Sekunden später verkündete das Navi, dass ich zunächst in Richtung Lyon hätte fahren müssen.

Die Navigationstechnik berechnete sofort eine neue Route. Diese führte mich zurück nach Dijon, wo meine Autobahn allerdings am Stadtrand endete. Danach ging es im Berufsverkehr quer durch Dijon, wo ich am anderen Ende der Stadt die richtige Autobahn in Richtung Metz / Luxemburg erreichte.

Die weitere Heimfahrt verlief staufrei und unspektakulär, obgleich ich hier und starke Regengebiete durchfahren musste.

Während der Fahrt ließ ich nochmals die letzten Tage Revue passieren.

Ich hatte sehr viel Glück mit dem Wetter gehabt und obwohl ich ja nur vier Tage gelaufen war, hatte ich tolle und unvergessliche Erlebnisse.

So war ich froh darüber Moni und Thomas aus der Pfalz kennen gelernt zu haben, mit denen ich einige sehr schöne und lustige Stunden verbringen durfte.

Tiefe Eindrücke hatten auch die freundliche Fürsorge der Gemeindeschwester und des Herrn Duniault in Moroges bei mir hinterlassen, die sich so selbstlos und rührend um meine trockene Übernachtungsmöglichkeit gekümmert hatten. 

Die Erinnerung an das Treffen auf „die Kölner“, die sich Einfachheit und Authentizität bei der Begehung ihres Jakobsweges auf die Fahne geschrieben hatten aber gleichzeitig nicht auf die Nutzung eines hochentwickelten Navigationsgerätes zurückschreckten, brachte mich erneut zum Schmunzeln.

Selbst der schmerzhafte Stromschlag am Weidezaun hatte, mit einigen Tagen Abstand, eine lustige Komponente. Obwohl mir direkt nach dem Stromschlag nicht gerade zum Lachen zumute war.

So verging die Rückfahrt fast wie im Flug.

Um 23:50 h kam ich zu Hause an. Meine Kinder waren, wie jedes Wochenede, ausgeflogen. Meine Frau Jutta war gerade im Begriff hundemüde ins Bett zu gehen.

Von der langen Autobahnfahrt war ich hellwach und aufgekratzt. Mir kam die gute Flasche Wein vom gestrigen Abend in Erinnerung, die ich irgendwie noch in den Rucksack gestopft hatte.

Ich kramte den Wein hervor, holte mir ein Rotweinglas und setzte mich in die Küche. Hier habe ich noch lange die gut 200 Fotoaufnahmen meiner Wanderung auf dem Display der Digitalkamera betrachtet. Es war eine wirklich schöne Zeit.

 

 

 

Donnerstag, 20. September 2012

Tag 36 am 20.09.2012 von St. Gengoux-le-National nach Cluny

Ich bin zeitig aufgewacht und habe in aller Ruhe meinen Rucksack gepackt. Um kurz vor 08:00 h verließ ich meine Unterkunft und wollte zur Anschrift der Familie Lacroix gehen, um dort zu Frühstücken.

Irgendwie hatte ich gestern Mme Lacroix falsch verstanden. Direkt vor der Haustüre traf ich auf sie. Sie hatte einen Korb mit Kaffee, Croissants, Schokocroissants und die üblichen süßen Frühstückszutaten dabei. Gemeinsam gingen wir zurück in de Unterkunft und schnell hatte sie in der Gemeinschaftsküche den Tisch gedeckt. Ich bezahlte meine Unterkunft (35 €) und ließ es mir schmecken.

Gegen 08:25 h startete ich bei blauem Himmel in einen sonnigen Tag.

Ich hatte mir anhand des Stadtplans die zu begehenden Straßen notiert und fand so problemlos den Zugang zum „Voie verte“, einer alten Bahntrasse, die zwischenzeitlich zum Radweg umgebaut wurde.


Der Sonnenschein am frühen Morgen trügte allerdings.
Recht optimistisch bin ich in kurzen Hosen und kurzärmeligen Hemd losgelaufen.
Ich musste feststellen, dass mein Atem in der Luft kondensierte. Obwohl ich schnell voran ging, fror ich im Bereich des Oberkörpers. Der Fleecepulli musste her. Erst beim Öffnen des Rucksacks bemerkte ich, dass meine Finger vor Kälte ziemlich steif geworden waren.

Ziemlich unspektakulär führte der „Voie verte“ vornehmlich immer geradeaus durch ein Tal. Der Blick nach links oder rechts wurde durch Bäume und Büsche entlang der alten Bahnstrecke erheblich eingeschränkt.


Dafür gab es hier wieder nennenswerte fließende Gewässer, welche ich zuletzt mit dem Flüsschen „Ouche“ in Dijon gesehen hatte. Erst im nachhinein wurde mir hierdurch klar, dass die Bourgogne mit ihren unendlichen Weinanbauflächen ein ziemlich wasserarmes Gebiet ist.



Auf jeden Fall kam ich sehr schnell voran. Gegen 10:00 h wurde es deutlich wärmer, so dass der Fleecepulli wieder in den Rucksack gepackt werden konnte.

Nachdem der ehemalige Bahnhof von Cormatin passiert war, gelangte ich an einen alten Steinbruch.
Aus großen Felsblöcken und einer dicken Felsplatte des rötlichen Gesteins war hier ein archaisch anmutender Rastplatz angelegt worden, den ich zu einer kurzen Pause nutzte.



In der Mittagszeit erreichte ich dann Taizé, auf den ersten Blick ein kleiner Ort mit sehr schönen Steinhäusern an einem Berghang gelegen. Aber wo sollten sich hier tausende Jugendliche und jungen Menschen aufhalten, die sich hier Jahr für Jahr ständig zum Austausch religiöser Gedanken treffen?




Ich durchquerte das Dorf und am anderen Ortsausgang, oben auf dem Hügel, erreichte ich das beeindruckende Areal der „Communaute Taizé“. Auf den ersten Blick erinnerte mich das Ganze irgendwie an die Zeltlager meiner Jugendzeit. Es gab sehr große Zeltplätze mit Mehrpersonenzelten, riesige Essenszelte, aber auch zahlreiche verschiedene Holzbauten als Unterkünfte oder Funktionsgebäude. Im Zentrum des Ganzen lag die von außen schlicht wirkende, hölzerne „Vereinigungskirche“.



Ich begab mich ins Empfangsgebäude, um dort nach einen Stempel der „Communaute Taizé“ zu fragen. Den erhielt ich dort nicht. Dafür nahm mich direkt eine sehr süße, perfekt Deutsch sprechende Französin in Beschlag. Sie bot mir einen Tee zur Erfrischung an. Sie wollte auch wissen, wie lange ich bleibe. Nachdem ich ihr gesagt hatte, ich sei nur auf der Durchreise, bat sie mich, doch wenigstens zu einer Bibeleinführung am Nachmittag und zur Abendmesse zu bleiben. Dankend lehnte ich ab. Während ich meinen Tee schlürfte, erklärte sie mir die Geschichte und die Entstehung der „Communaute“. Sie sagte, in Spitzenzeiten befänden sich bis zu 6000 junge Menschen vor Ort, um gemeinsam über Glaubensfragen zu diskutieren. Nach dem Tee verabschiedete ich mich von meiner hübschen und christlich sanftmütigen Gesprächspartnerin, um meinen Weg fortzusetzen.

Ich warf noch einen Blick in die „Vereinigungskirche“, die von deutschen und französischen jungen Menschen gemeinsam errichtet wurde. Das von außen sehr schlichte Holzgebäude verströmt in seinem Inneren eine sagenhaft beruhigende Aura.


Obwohl sich zahlreiche Menschen in der Kirche befanden, war kaum ein Geräusch zu vernehmen. Selbst die einfache Dekoration des Altarbereichs, mit seinen orangefarbenen Dreieckstüchern und den einfachen Hohlblocksteinen, mit brennenden Kerzen, wirkte tief beeindruckend auf mich.

Im Anschluss besuchte ich noch einen Ausstellungs- und Verkaufsraum, in dem die „Frères“, die Brüder von Taizé, ihre selbst produzierten Gegenstände, vornehmlich Gemälde, Töpferwaren und anderes Kunsthandwerk, veräußerten. Nach den strengen Grundsätzen der „Communaute“ leben die „Frères“ ausschließlich vom Ertrag ihrer eigenen Arbeit. Hier in der Ausstellung erhielt ich auch den wenig schmuckvollen Stempel der „Communaute Taizé“ in meinen Pilgerpass.

Nach einer guten Stunde Aufenthalt verließ ich Taizé und setzte meinen Weg auf dem „Voie verte“ in Richtung Cluny fort. Der Weg schlängelte sich nach wie vor unspektakulär durch das lange Tal.
Es gab wirklich nicht viel Abwechslung, dafür kam ich, wie beabsichtigt, schnell voran.


An einer Stelle sah ich schon aus der Entfernung vier oder fünf winzig kleine Kätzchen auf dem Radweg herumtollen. Als ich mich näherte, verschwanden sie blitzschnell im Gestrüpp und ließen sich auch nicht mehr hervorlocken. Gerne hätte ich eines dieser putzigen Tierchen mit nach Hause genommen. Da, soweit das Auge reichte, weit und breit kein Haus zu sehen war, ging ich davon aus, dass sich ein „lieber“ Zeitgenosse seines jüngsten Katzenwurfes entledigt hat.

Ein Stückchen weiter überholte mich eine Frauengruppe, die auf ihren Rennrädern ziemlich zügig unterwegs war. Die dritt- oder viertletzte Fahrerin bremste unvermittelt, was beinahe den Sturz der Gruppenletzten zur Folge hatte. Sie wollte wissen, woher ich komme.
Ich antwortete „Allemagne, Solingen, à Cologne“, dass ich in mehreren Etappen gelaufen war, konnte ich aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse leider nicht so schnell vermitteln.
Es folgte ein schriller Ausruf der Frau, die ganze Radgruppe stoppte. Sie rief ihren Freundinnen irgendetwas in französischer Sprache zu. Ich verstand nur „quel courage“, also „welcher Mut“. Die gesamte Damenmannschaft applaudierte mir. Wie peinlich!!!

Kurz darauf erreichte ich den alten Bahnhof von Massily. Dort legte ich eine ausgiebige Pause ein, aß ein paar Nüsse und trank einen ordentlichen Schluck Wasser.
Für ein Foto mit dem Selbstauslöser der Kamera brauchte ich bestimmt vier Anläufe. Obwohl ich fast den ganzen Tag alleine auf dem Radweg unterwegs war, schienen hier alle Radfahrer der Umgebung auf und ab zu fahren. Unglaublich, wie schnell man mit einem Rennrad unterwegs sein kann. Immer wieder fuhren mir während der 10sekündigen Auslösezeit der Kamera irgendwelche Radler ins Bild.


Weiter ging es auf dem nicht gerade unterhaltsamen Weg.Ich entwickelte einen Blick für die Kleinigkeiten am Wegesrand. Das heißt, so klein war die Raupe gar nicht, die da über den Asphalt des Radweges kroch. Ich fragte mich, welch ein gigantischer Schmetterling sich aus so einer großen Raupe entwickeln muss.


Trotzdem verging die Zeit auf dem öden Radweg wie im Flug. Plötzlich konnte ich die Reste einer gewaltigen Kirche durch das Buschwerk zu meiner Rechten ausmachen. Ein nochmaliger Blick in die Wegbeschreibung, kein Zweifel, es war Cluny, das Ziel, das ich mir für dieses Jahr gesetzt hatte.


Schon 20 Minuten später, gegen 14:15 h erreichte ich in den Ort.


Eigentlich wollte ich mir ja noch einmal am letzten Abend ein gemütliches Bett gönnen. Aber die wirklich günstigen Unterkünfte, wie zum Beispiel das „Hotel du Commerce“ (ÜF 25,80 €) oder das „Cluny séjour“ (ÜF 17,50 €) waren bis 17:00 h geschlossen.
In Anbetracht der vielen ausländischen Fahrzeuge (insbesondere aus den NL) auf den Parkplätzen der Stadt, wollte ich kein Risiko eingehen. Ich wollte mir nicht erst um 17:00 h sagen lassen „alles reserviert“ und entschloss mich kurzerhand für eine weitere Zeltübernachtung.

Der Zeltplatz lag, wie gewohnt, etwas außerhalb der Stadt, war aber schnell erreicht.
Schnell, sehr schnell war mein Zelt auf dem schönen Campingplatz aufgebaut.
Nach einer ebenso schnellen Dusche, wechselte ich meine Kleidung. In einem nahe gelegenen Supermarkt besorgte ich mir eine gute Flasche Wein für meinen letzten Abend und warf diese ins Zelt.


Danach ging ich die Stadt erkunden. Cluny ist eine durchaus schöne Stadt, wenngleich sie nicht den Mittelaltercharme von St. Gengoux ausstrahlt.

Ich erinnerte mich. Meine Frau Jutta hatte mir oft erklärt, dass Cluny eine der Hochburgen der Klöppelkunst sei. Leider schien davon nicht mehr viel übrig zu sein.
Obwohl ich mit aufmerksamem Blick durch die Straßen zog, konnte ich lediglich an einer einzigen Stelle einen kleinen Laden entdecken, der Klöppelarbeiten verkaufte.
Ein junger Mann saß vor dem Geschäft an seiner Klöppelrolle und klöppelte Bänderspitze.


Ansonsten schien der fotogenste Platz von Cluny das Seitenschiff und das Umfeld der ehemaligen Kathedrale zu sein, die in der Vergangenheit, nach dem Petersdom in Rom, die größte Kathedrale der westlichen Welt war.


Vor Ort selbst ließ sich nur aufgrund der Größe des angegliederten Klosterkomplexes, der Säulenfundamente des ehemaligen Hauptschiffes und der Entfernung zu den Palästen der Bischöfe und Äbte ermessen, wie groß und prächtig diese Kirchenanlage im 12. Jahrhundert gewesen sein muss.Während der französischen Revolution wurde der ansässige Orden aufgelöst und die Gebäude kurzerhand veräußert. Die einstmals riesige Kathedrale wurde abgerissen und als Steinbruch missbraucht.

In dem alten Kloster , der „Abbaye de Cluny“, holte ich mir einen weiteren Stempel für meinen Pilgerausweis.

Kurz vor der Abenddämmerung bestieg ich dann noch den sogenannten „Käseturm“.
Von dort oben bot sich ein schöner Blick über die engen Gassen der alten Stadt Cluny.



Im Straßenbild stachen mir eine Vielzahl junger Menschen, alle so um die 20 Jahre alt, ins Auge, die durchweg mit den gleichen Baseball-Caps und seltsamen, zum Teil kunstvoll gestalteten Kitteln bekleidet waren. Über die Bedeutung dieser Verkleidung konnte ich mir absolut kein Bild machen. Ich vermutete, dass es der Gag eines Abschlussjahrgangs eines Gymnasiums wäre.


Schnell wurde es wieder dunkel und auch sehr kalt.

Wenn ich schon kein gemütliches Bett für die Nacht haben sollte, wollte ich mir am letzten Abend wenigstens ein leckeres Essen gönnen. Ich suchte und fand ein kleines Restaurant, in dem ich eine riesige Pizza aus dem Holzofen für kleines Geld bekam. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich diese Pizza nicht geschafft habe.

Noch einmal unternahm ich einen kurzen Rundgang durch die Stadt und musste feststellen, dass sie bei Dunkelheit dann doch ihre sehr schönen Seiten hat.



Nach dem Abendrundgang ging ich fröstelnd zurück zum Zeltplatz, denn ich war immer noch in meinen Shorts unterwegs. Zügig ging ich zurück zum Campingplatz, dass hielt wenigstens ein wenig warm. Zum Glück hatte ich wenigstens meine Fleecepulli an, sodass wenigstens der Oberkörper warm blieb.

Schnell kroch ich mein Zelt. Ich packte noch meinen Seidenschlafsack in den richtigen Schlafsack. Den hatte ich mir zum Glück eine Woche vor der Wanderung zugelegt. Zum Einen würde ich ihn eh früher oder später brauchen, zum Anderen sollte so ein Seidenschlafsack die Wärmeleistung des richtigen Schlafsackes um 3 – 4o Celsius nach oben pushen. Schon jetzt war zu merken, dass ich dies in dieser Nacht gebrauchen könnte.
In voller Montur, natürlich ohne Schuhe, kroch ich in meine beiden Schlafsäcke. Im ersten Moment entzogen sie mir wieder Wärme. Ich überlegte kurz, ob ich meine 1,5 Liter Aluflasche mit heißem Wasser aus der Dusche auffüllen sollte, um sie als Wärmflasche zu nutzen. Von dieser Idee nahm ich Abstand, da sich die Sanitäranlagen in einiger Entfernung auf dem Zeltplatz befanden.
Ich entschloss mich , lieber mit den Beinen schnelle Trippelbewegungen zu machen, um so ein wenig Wärme zu erzeugen. Es klappte. Schnell wurde es im Schlafsack ein wenig wärmer.

Da mein einschichtiges Zelt an allen vier Seiten mit großzügigen Lüftungsöffnungen versehen ist, erwartete ich, dass es auch am Kopf sehr kalt werden würde.
Aus meinem „Buff – Tuch“ wickelte ich mir eine Art Mütze, setzte sie auf und zog sie mir so gut es ging über die Ohren.

Chick ist wirklich anders, wie ich später auf dem Selbstportrait erkennen musste ;o).


So ließ es sich wenigstens gut aushalten. Auf das Erreichen meines diesjährigen Zieles öffnete ich mir die gute Flasche Wein, die ich bereits am Nachmittag ins Zelt geworfen hatte.
Sie war inzwischen ebenfalls sehr durchgekühlt, schmeckte deshalb nach nichts und tat an den Zähnen weh. Mit viel Kraft drückte ich den Korken wieder in den Flaschenhals, um sie zu verschließen.

Ein wenig frustig darüber, dass ich am letzten Abend mein Ziel „Cluny“ nicht mit einem guten Glas Wein feiern konnte, beobachtete ich meine Mini – Dynamotaschenlampe, wie sie langsam an Leuchtkraft verlor.

Gleichzeitig war ich froh darüber und auch ein wenig Stolz darauf, dass selbst gesetzte Ziel erreicht zu haben.

Mit diesem Gedanken fiel ich in den Schlaf.








Mittwoch, 19. September 2012

Tag 35 am 19.09.2012 von Moroges nach St. Gengoux-le-National

Gestern Abend ist es ganz schön spät geworden. Dennoch wachte ich, wie immer, recht zeitig auf. Trotz des vielen Weins hatte ich kein bisschen Kopfweh.

Ich hob meinen Kopf und schaute durch das dicht über dem Fußboden befindliche Fenster. Ein tolles Morgenrot lag über der Stadt Chalon-sur-Saone.

 
Ich stand auf und packte schnell meine sieben Sachen in den Rucksack. Mir fiel ein, dass ich gestern Abend noch das Etikett meiner Weinflasche ablösen wollte, was ich auch noch schnell erledigte. Danach verließ ich meine Unterkunft, in der ich die regnerische Nacht so gut verbracht hatte.

Zwangsläufig musste ich am Häuschen des Herr Duniault vorbei. Hier waren die Schlagläden bereits geöffnet und in der Küche brannte Licht. Herr Duniault hatte mir angeboten, morgens noch einen Kaffee bei ihm zu trinken. Da ich nicht ohne Verabschiedung gehen wollte, klingelte ich an.

Herr Duniault brühte mir eine große Tasse schwarzen Kaffee auf.
Als besonderen Service drückte mir Herr Duniault noch den Kirchenstempel in meinen Pilgerausweis. Er warf sein Notebook an und zeigte mir die Wetteraussichten für den heutigen Tag. Es sollte sehr schön werden und mindestens bis Samstag nicht mehr regnen. Um 08:00 h verabschiedete ich mich dann endgültig von meinem Wohltäter und machte mich auf den Weg.

Am Ortsausgang von Moroges gab es das einzige kleine Geschäft des Ortes in Form einer Bäckerei. Hier besorgte ich mir zwei Croissants, die ich beim Weitergehen aß.

Ab Moroges konnte ich der guten Beschilderung des Wanderweges GR76 bis nach Cluny folgen. Ein Hinweisschild wies eine Reststrecke von 40 Km bis dorthin aus. Das sollte an zwei Tagen zu locker schaffen sein.

 
Wie das Internet es versprochen hatte, lösten sich die Reste der nächtlichen Regenwolken auf. Die Sonne kam hervor und es wurde schnell deutlich wärmer.

Mein Weg führte auf ein riesiges Hochplateau, auf dem ich mehrere Stunden vor mich hin wanderte. Zu meiner Linken tolle Ausblicke auf die Saone - Ebene, die aber wie immer leicht im Dunst lag.

Die ersten 12 Kilometer verschwanden heute förmlich unter meinen Füßen und zügig erreichte ich Montagny-les-Buxy. Schon bald hinter dem Ort gelangte ich an eine sehr idyllische Weggabelung.


Ich legte eine kurze Rast ein und genoss den schönen Ort. Obwohl es in der Wegbeschreibung erwähnt war, hätte ich hier beinahe ein besonderes Detail übersehen.
An dem Steinkreuz hatte der Bildhauer eine große Weinbergschnecke heraus gearbeitet, die in statischer Langsamkeit am Kreuz empor kriecht.


Nachdem ich die Schönheit dieses Ortes ein paar Minuten lang in mich aufgesogen hatte, setzte ich meinen Weg fort.Bereits nach einigen hundert Metern sollte es noch schöner kommen.

Ich erreichte eine kleine, gepflegte Wiesenanlage, an deren Ende eine stattliche Mariensäule aufgestellt war. Die Marienfigur blickte hinab in die Saone – Ebene.
Unterhalb der Säule gab es ein kleines Plateau, ab dort ging es dann fast senkrecht ca. 100 m hinab bis auf das Niveau der Ebene.
Da ich sehr, sehr gut in der Zeit lag, entschloss ich mich spontan hier nochmals eine längere Pause einzulegen.


Dieser Platz strahlte irgendetwas Magisches aus. Hier war ich glücklich und zufrieden mit mir und der Welt. Irgendwann beendete ich schweren Herzens meine Pause und ging weiter.

Bereits um 14:00 h erreichte ich den Ortseingang von St. Gengoux-le-National mit den Überbleibseln seiner ehemaligen Stadtbefestigung.
 


Da ich mit Herrn Lacroix vereinbart hatte, dass ich erst um 16:00 h vor Ort sein würde, hatte ich jede Menge Zeit, die ich zu einem ausgiebigen Stadtrundgang nutzte.

Ich musste feststellen, dass es in dem Örtchen wunderschöne Gassen und Ecken gab, in denen die Zeit wirklich stehen geblieben war.
 



Es gab dort aber auch eine gut 100m lange Straße, die „Grand Rue“, die mit ihrem Baumreihen und den kleinen Geschäften und Gaststätten links und rechts einen echt südländischen Flair versprühte.

Ich setzte mich auf die Terrasse eines Restaurants und bestellte ein Bier vom Fass. Kaum dass es auf dem Tisch stand, kamen auch schon Moni und Thomas um die Ecke und gesellten sich zu mir. Natürlich tauschten wir sofort die Erlebnisse der vergangenen Tage aus.

Dann war es auch schon 16:00 h und ich suchte Herrn Lacroix auf. Ich traf ich ihn nicht selbst an sondern seine Ehefrau. Die war natürlich über mein Kommen informiert. Sie führte mich durch die engen Gassen von St. Gengoux und blieb letztendlich vor einer Haustüre stehen, die mit einer Jakobsmuschel gekennzeichnet war.

 
Die Tür gehörte zu einem alten Haus. Eine steile Treppe führte hinauf in den zweiten Stock. Hier lag mein Zimmer mit seiner antiquarischen Einrichtung.


Nach einer kurzen Dusche wechselte ich meine Kleidung. Danach ging ich wieder in den Ort, wo ich erneut auf Moni und Thomas traf.  Gemeinsam erkundeten wir die Stadt und machten einige Besorgungen. Im Informationsbüro erhielten wir einen schönen Stempel für unsere Pilgerausweise.

Langsam wurde es Abend und wir beschlossen, gemeinsam etwas Essen zu gehen.
Wir fanden die kleine Pizzeria „Pili Pili“, die von einem jungen Franzosen im Alleingang bewirtschaftet wurde.

 Die fertigen Pizzen mussten an der Theke abgeholt werden. Die Getränke besorgte man sich selber aus dem Kühlschrank, der im Gastraum stand. Der kleine Laden hatte Charme und strahlte Gemütlichkeit aus.
Wir haben an dem Abend viel gelacht und hatten unseren Spaß. Ich erfuhr, dass Thomas Beamter beim Ordnungsamt sei und Moni in einer Klinik für Nervenkranke arbeitet.

Nach dem Essen machten wir noch einen gemeinsamen Stadtrundgang bei Dunkelheit. Danach verabschiedeten wir uns. Wir wünschten uns gegenseitig einen guten Weg. Der Abschied von den Beiden lebensfrohen und liebenswerten Menschen fiel mir ein wenig schwer.

Ich hoffe, dass ich sie irgendwann mal irgendwo wiedersehe.

Wieder wurde es bei Dunkelheit ziemlich schnell kühl und ich suchte meine Unterkunft auf, die mir der unvergleichliche Herr Duniault bereits am Vortag verschafft hatte.

In meinem Zimmer öffnete ich das Fenster, um frische Luft hinein zu lassen.
Welch ein toller Ausblick. Die seltsame Kirche mit ihrem doppelten Turm lag zum Greifen nah direkt gegenüber und über Dächer hinweg konnte ich in den beleuchteten Stadtkern sehen.


Ich öffnete eine Flasche Wein, machte mir ein paar Notizen zum Tag und studierte die Wegbeschreibung für den morgigen Tag.
Demnach sollte es wieder bergauf und bergab gehen. Auf einem schmalen Pfad sollte mich der Weg durch einen dicht bewachsenen Wald führen.
Was mich jedoch am meisten störte, war die Tatsache, dass man einen Bauernhof passieren musste, auf dem der Hofhund seinen Job sehr gründlich machen soll. Als Alternative wurde angeführt, mehrere hundert Meter zurück zu laufen, um den Hof auf einer Landsstraße zu umgehen.

Eigentlich wollte ich am morgigen Tag die Nachmittagsstunden dazu nutzen, Cluny ein wenig näher anzusehen. Ich spielte auch immer noch mit dem Gedanken, eine Stippvisite in Taizé einzulegen.
Ich erinnerte mich daher an die Idee von Thomas, über einen Radweg, den „Voie verte“, nach Cluny zu gehen. Dieser führte direkt an Taizé vorbei, war eben, und an meinem letzten Tag wäre hierdurch die Gefahr des Verlaufens nicht gegeben. Ich würde gut voran kommen und genug Zeit in Cluny verbringen können.

In meinem Zimmer und der dazugehörenden Gemeinschaftsküche suchte ich nach entsprechenden Unterlagen. Ich fand einen Stadtplan von St. Gengoux, auf dem ich sehen konnte, wie man den „Voie verte“ erreicht.

Der Rest würde sich dann schon finden. Mein Entschluss stand damit fest und ich fiel in einen tiefen, erholsamen Schlaf.