Sonntag, 5. Juni 2011

Tag 15 am 05.06.2011 von Sierck-les-Bains nach St. Hubert

Irgendwann in der Nacht hatte sich der Regen gelegt. Das Zelt hielt dicht, jedoch hatte sich innen auf der Zeltplane, durch die gesunkene Außentemperatur, Schwitzwasser gebildet. Da ich heute einen ordentlichen Weg vor mir hatte, baute ich das Zelt im nassen Zustand ab und packte es ein.
Erst gegen 07:50h verließ ich den Zeltplatz. Bis dahin wartete ich innen vor dem geschlossenen Rolltor der Campingplatzzufahrt. Dann kam ein Fußgänger der mit seinem Hund Gassi ging und schob das schwere Tor einfach per Hand auf. Hätte ich ja auch drauf kommen können.:0)))


Während des Zeltabbaus lagen noch schwere Nebelschwaden im Moseltal und auf den umliegenden Höhen, die sich nur langsam lichteten. Nach Verlassen des Campingplatzes ging es zunächst zurück in den Ort und von dort, in der Nähe der festung, zurück in den Wald. Hier bekam ich erstmals erheblich Probleme, den Weg anhand der Wegbeschreibung zu finden und irrte nahezu zwei Stunden lang im Wald umher. In der Wegbeschreibung stand, dass vom Bergrücken aus wieder die Kühltürme von Cattenom zu sehen seien. In der Folge nahm ich jeden Weg der rechter Hand bergauf führt, um auf den Bergrücken zu gelangen. Tatsächlich sah ich die Kühltürme und auch den beschriebenen Wasserturm von Reling. In dessen Nähe fand ich dann auch den beschriebenen Weg wieder (an dem Haus wo man rechts abbiegen muss und von drei freudig bellenden Dobermännern begrüßt wird. Zum Glück war die Grundstückszufahrt geschlossen).


Ab Reling konnte ich den Weg über Freching und Sainte Marguerite anhand der Beschreibung gut folgen. Meistenteils ging es durch weitläufige Agrarflächen. Erschreckend war, dass sich hier aufgrund der wochenlangen Trockenheit sowohl auf den Feldern als auch in den Feldwegen tiefe Erosionsrisse gebildet hatten, wie ich sie in diesem Ausmaß noch nie gesehen hatte. Mitten in den Feldern lag das stattliche aber verlassene Hofgut "La Chartreuse". Hier lernte ich während einer kurzen Rast ein sympathisches Ehepaar aus dem Rheinland kennen, die auf dem Jakobsweg bis nach Dijon unterwegs waren.


Der Weg führte im Gebiet des "Le Hackenberg" durch eine einsame und wunderschön modelierte Wald- und Wiesenlandschaft. In diesem Bereich tat ich mich ein wenig schwer, welche Abzweigung oder Kreuzung noch im Sinne der Wegbeschreibung als Weg gezählt wird oder nicht. Anscheinend habe ich jedoch alles Richtig gemacht und gelangte nach Veckring.


Hier markiert ein alter Panzer die Zufahrt zum "Le Hackenberg", eine willkommene Gelegenheit zu einer kurzen Rast. Den laut Beschreibung versteckten, weiteren Weg habe ich gut gefunden. (In Fahrtrichtung des Panzers auf der Hauptstraße nach rechts, nach 30 Metern links, danach erster Feldweg rechts). 

Auf den Höhen angekommen, gelangte ich wieder in ein großes Waldgebiet. Auch hier war der Weg anhand der Beschreibung nicht unbedingt leicht beizubehalten. Plötzlich stieß ich im Wald  auf eine nagelneuen Hinweis mit dem Muschelsymbol (nicht im Führer beschrieben) und folgte ihm. Die ausgeschilderte Route führte zunächst steil bergab. Hier wurden Bäume gerückt und dementsprechen morastig war auch der Weg. In der Tallage folgte er dann einem Trampelpfad, der links und rechts von Dornensträuchern gesäumt war. An mehreren Stellen waren diese Dornensträucher (Weißdorn o.ä.) jedoch gefällt und lagen quer über der Strecke, so dass man über nebengelegene Viehweiden (Elektrozäune) ausweichen musste. Letztendlich gelangte ich aber nach Kedange-sur-Caner.

In Kedange-sur-Caner bekam ich nichts (nicht einmal ein Sandwich) zu Essen, da es 15:10 h war und damit die Küchenzeit seit 10 Minuten vorbei war, obwohl im Nebensaal eine große Feiergesellschaft bewirtet wurde!!!


Also entschloss ich mich weiter in Richtung Aboncourt und St. Hubert zu gehen. Hinter Kedange stieß ich auf eine Straße, die nach Vigy führte. Mir war bekannt, dass ich dort auch hin musste, also folgte ich dieser Route, ohne noch einmal den Führer in die Hand zu nehmen. Ein folgenschwerer Entschluss. Erst die nächste einmündende Straße hätte in Richtung Aboncourt geführt. So lief ich, im Vertrauen auf dem richtigen Weg zu sein, die von mir gewählte Strecke entlang. Erst nach gut einer Stunde bemerkte ich meinen Fehler. Zwischen meinem Standort und Aboncourt lag das große Waldgebiet "Bois de Luttange". Ohne detaillierte Wanderkarte hatte ich auch keine Lust, diesen Forst auf eigene Faust zu durchqueren, zumal von Südwesten ein schweres Gewitter aufzog. Also blieb ich auf dem von mir gewählten Weg, der ja in letztlicher Konsequenz gar nicht so falsch war (sagte ich mir).


In Luttange gab es keine Herberge oder Fremdenzimmer. Ich war froh über eine verlassene Fabrik mit mehreren torlosen Garagen. Ich suchte mir die Sauberste davon aus und stellte mich darauf ein, dass sie möglicherweise mein Übernachtungsstelle werden sollte. Bald darauf kam auch schon ein gewaltiger Gewitterschauer herunter. Von beiden Seiten lief das Wasser in mein "Nachtlager" und in der Mitte war das Dach undicht. Meinen Rucksack musste ich während des Gewitters auf einen Hohlblockstein stellen, damit er in meinem Unterstand trocken blieb. Zum Glück war es nur ein kurzes, aber heftiges Gewitter.


Ich setzte darauf hin meinen Weg in Richtung Bettelainville fort. Schon kündigte sich das nächste Gewitter am Horizont an. Links und rechts des Weges gab es keine Scheunen oder trockene Unterstände.  Ich hatte auch nicht den Mut, auf der Hochfläche mein Zelt (mit Alustangen) aufzubauen um dort zu übernachten. Irgendwann erreichte ich Bettelainville und fragte wieder nach einem Zimmer, Bett oder trockenem Platz. Alle Gefragten verwiesen mich nach Vigy, dort sollte es  (auch laut der Wegbeschreibung) eine Sportschule mit ausreichend Betten geben.


Letztendlich ging ich auch die drei Kilometer bis Vigy. Ich begab mich in eine kleine Gaststätte / Hotel / Auberge gegenüber der Kirche. Soweit ich verstand, vermieteten die Betreiber aber keine Zimmer mehr. Mittlerweile war es 21:00 h. Ich konnte mich insoweit verständlich machen, dass ich seit 13 Stunden zu Fuß unterwegs war und in den Abenstunden keine Unterkunft mehr gefunden habe. Daraufhin begann eine wilde Diskussion der "Thekenmannschaft". Es wurde viel telefoniert und geredet. Plötzlich bedeutete mir ein (nicht ganz nüchterner) junger Mann, dass ich in sein Auto steigen solle. Er fuhr mich zu der besagten Sportschule, die aber offensichtlich derzeit menschenleer und geschlossen war. Er brachte mich anschließend in das gut 5 Kilometer entfernte St. Hubert hinunter. Bei guten Bekannten, die eine kleine aber sehr feine Ferienwohnung privat vermieteten, versuchte er mich unter zu bringen. Obwohl ich nass wie ein Pudel vor der Tür stand, nahmen mich seine Bekannten für nur eine Nacht in ihrer Ferienwohnung auf.

Die Vermieter, ein junges Ehepaar mit Kindern, waren sehr freundlich. Während er mir ein Bett in der Ferienwohnung zurecht machte und das Bad putzte, stellte er mir eine Flasche Bier zur Verkürzung der Wartezeit hin. Die Frau fragte mich ob ich Hunger hätte. Ja, den hatte ich. Ich hatte ja heute bislang nur von meiner Notration (Nüsse. Rosinen und Kekse) gelebt. Kurzentschlossen bekam ich einen gehörigen Schlag Kartoffelbrei mit drei Scheiben gekochtem Schinken vorgesetzt. Danach gab es noch knuspriges Baguette mit unterschiedlichen Käsestückchen und einen Joghurt. 
Nach dem Essen sah ich mich erst einmal in meiner Unterkunft um.

Eine derart geschmackvoll eingerichtete und gepflegte Ferienwohnung hatte ich bislang noch nicht gesehen. Unwillkürlich zählte ich meine Barschaft, da ich davon überzeugt war, dass diese Übernachtung mich ein Vermögen kosten würde. Nach einer weiteren Flasche Bier, fiel ich in einen tiefen festen Schlaf.